Biographie

1964: Erster Auftritt auf dieser Welt
1980: Beginn der Schlagzeugkarriere. Mein Klassenkamerad Martin spielt mir bei sich daheim was auf seinem Drumset vor. Sofort ist mir klar: "Das will ich auch mal können!" Er leiht mir ein paar Drumsticks und ein Gummiübepad mit Stativ. Und ein Heft mit Achtelgrooves (das Heft hab ich heut noch). Mein rechter Oberschenkel muß als HiHat-Ersatz herhalten, das Pad ist die Snare und der Teppich die Bassdrum. So arbeite ich mich durch die übungen. Das geht über mehrere Wochen und oft mehrere Stunden täglich. Meine Eltern bemerken dies, freuen sich, daß ich ausnahmsweise mal keinen Unsinn anstelle und fahren mit mir nach Füssen zum Kauf eines Schlagzeugs. Das Teil ist oberkultig: ein rosa-violettes Perlmuttdesign. 3 Toms, flache Snare, 18er Bassdrum glaub ich, Hihat und ein Becken. Nicht so groß wie Martins`, aber immerhin. Von nun ab bin ich eigentlich nur noch bei uns im Keller anzutreffen, und zwar hinter dem Drumset. Ich übe wie ein Berserker und werde technisch laufend besser. Max Kinker wird mein erster Lehrer. Ich bin in guten Händen. Irgendwie landet dann noch ein Klavier in besagtem Keller. Mit Nik (meinem älteren Bruder) an der E-Gitarre und Markus am Klavier wird gelegentlich im Trio musiziert. Ziemlich anspruchsvoll, irgendsoein Jeff Beck- Jan Hammer -Stück im 11/8 Takt, Take Five und so. Es existieren sogar Aufnahmen, die aber vorerst zurückgehalten werden. Nach einem Jahr bekomm ich grünes Licht für ein neues Drumset- ein schickes Premier, das ich die nächsten 22 Jahre spielen werde.

Auftritt mit "TAKTLOS" auf dem Schulfest in Kaufbeuren 1982. Wir waren uns relativ sicher, zu den besten Bands der Welt zu gehören. Von links nach rechts: Bana Zimnas, Wolfgang Lehmann, der Webmaster mit seinem neuen Premier- Schlagzeug und extrem hohen Becken, Markus Eberle und Peter Haumayr.

In der Schule geht gar nichts mehr. Zwei 6er und zwei 5er im Jahreszeugniss, das ist zuviel! Irgendwie bekomme ich noch einen qualifizierten Hauptschulabschluß. Egal, ich hatte eh schon das Konservatorium im Auge und mit Hilfe von Max schaff ich tatsächlich die Aufnahmeprüfung. Herr Hungbauer ist mein neuer Schlagzeuglehrer am "Kons", bei dem ich durch sehr gute Blattspielfähigkeiten brilliere (und mich mehrfach damit über nicht geübte Stücke hinwegrette), dafür aber so meine Probleme mit dem klassischen, unquantisierten Wirbel habe (ich kam halt vom Rudimentdrumming). Auch für die Pauken konnte ich mich nie recht begeistern. Dagegen war ich von den Mallets ziemlich angetan. Wenn man passabel Klavierspielen kann, die Harmonielehre versteht und mit Schlägeln gut umgehen kann, macht das einen riesen Spaß, da so rumzuspielen. Ja und Klavier.....mein "Nebenfach"-Instrument. Alles andere als "nebensächlich"! Mit was kann man schon 4stimmige Fugen oder ein Orchesterstück oder einen Jazzstandart mit Bass, Akkorden und Melodie ganz alleine spielen? Und mit welchem Instrument kann man besser die Harmonielehre kapieren? Oder mit einem Chopin-Nocturne einen Abend verzaubern? Mich hat es auch von Anfang an interessiert, was die Damen und Herren Mitmusiker um mich herum grade so anstellen (auch wenn ich es manchmal besser nicht hätte mitkriegen wollen). Nur Drummer wär mir zu wenig gewesen, so sehr ich das Trommeln auch liebe.

Gigantomania 1984 im Modeon in Marktoberdorf. Man beachte die 2 Roto-Toms in der rechten Bildmitte. Ich fand die Dinger eine zeitlang total wichtig, vor allem weil mein damaliges Idol Terry Bozzio sie auch spielte. Im Nachhinein muß ich sagen, daß die Teile recht flach klangen, weil sie ja schließlich auch keinen Resonanzkörper hatten. Eine witzige Einlage war, im Schlagzeugsolo mit der einen Hand draufrumzuhauen und mit der anderen an den Roto-Toms zu drehen, wodurch sich die Fellspannung und damit die Tonhöhe änderte. Das Ganze noch mit einem Sechzehntel-Doublebass-Teppich unterlegt und ab ging die Post. Würde ich heute glaub ich nimmer machen. A propos Doublebass: war damals ebenfalls extrem cool, aber halt auch viel zum schleppen und so. Ich bin froh, daß ich auf`s Doppelpedal für eine Bassdrum umgestiegen bin. Man muß die Beine nicht so weit auseinander machen und sitzt stabiler, find ich. Und spielen kann man genauso wie mit 2 Bassdrums.

Ich schloß dann das Studium tatsächlich mit einer besseren Note im Fach Klavier als beim Schlagwerk ab. Man muß auch wissen, das sich das Schlagwerkstudium voll und ganz auf den Einsatz im symphonischen Orchester bezog, mit Drumset war da nicht viel los, das hab ich mir dann in eigener Regie weitererarbeitet. Nichts desto möchte ich das Studium nicht missen, denn wenn man dem Treibsand des Akademikertums ausweicht, erweitert es den Horizont doch enorm. Mein zweiter Schlagwerklehrer am "Kons" war der Herr Hapernagl und der zeigte mir eine für mich ganz wesentliche Schlagtechnik, diese Bewegung wie beim Streichen einer Wand mit dem Farbroller. Er war auch ein hervorragender Paukenspieler und hatte diese Schlagtechnik auch auf die Snare und ergo aufs Drumset übertragen. Anfangs tat ich mich schwer mit der Umstellung, aber ich merkte bald, daß diese Technik einen großen Schritt nach vorne bedeuted. Die Schlagzeugabschlußprüfung versemmelte ich relativ, weil ich aus unerfindlichen Gründen beschloss, am Vortag noch eine anstrengende achtstündige Bergtour zu machen, zünftig einzukehren, erst nachts um zwei total erschöpft ins Bett zu fallen und nach wenigen Stunden Schlaf komplett ramponiert zur Prüfung zu erscheinen. Egal, nach der Abschlußnote hat noch so gut wie niemand gefragt.

Auch vor personellen Konsequenzen schreckte ich nie zurück. Hier sieht man mich bei der Entlassung eines Bassisten, weil er scheiße gespielt hat.

In den Ferien während der Studienzeit besuchte ich dreimal die Burghausener Jazzkurse. Ein Dozent für Schlagzeug war der Heinrich Hock aus Bremen, den ich als äußerst sympathischen Mensch und als brillianten, aber bescheidenen Drummer in Erinnerung habe. Er machte eigentlich nicht viel beim Spielen, aber trotzdem steuerte und unterstützte er die Entwicklungen der Stücke entscheident. Und als Kenner der Materie merkte man, was für eine hervorragende Technik der Typ hat, diese aber nie zur Schau stellte. Beeindruckend und inspirierend. Ich kaufte mir sein Buch "Jazzdrum-Rudiments" und entdeckte ganz neue Welten. Es geht da viel um polyrhythmische Akzentverschiebungen in allen möglichen Takten. Und was man mit Triolen, Quintolen, Septolen usw. alles anstellen kann. Ich war ziemlich aus dem Häuschen und übte wie wild. Die Pauken konnten warten. Ich kann dieses Buch jedem Drummer, der wirklich tief in die Welt des Rhythmus eintauchen will, nur wärmstens empfehlen.
Ein anderes wichtiges Erlebniss war ein Wochenend-Workshop bei Alvin Queen. Ich hatte ihn ein paar Wochen vorher mit einem Jazzquartett gesehen und mich hat es schier umgehaun, was der Mann für einen Drive hat. Ich weiß bis heute nicht, ob der wirklich immer schneller geworden ist bei den Stücken oder ob das die Energie war. Egal. Sein Geheimniss hat er uns auf dem Workshop nicht verraten, wahrscheinlich geht sowas gar nicht verbal, aber er zeigte uns ganz essientielle Dinge auf dem Ridebecken. Irgendwie bekam ich so ein Bild vom Swing, daß sich da eine Linie durch das Stück zog, nämlich die "Time" - und die gab das Ridebecken und der Bass. Und um diese Linie herum schlängelten sich die wildesten Sachen. Das ließ sich natürlich nicht mit meinem Klassikstudium zusammenbringen. Dort gibt es natürlich auch eine Time, einen Puls, aber die Sachen drumherum müssen immer akurat ausgeführt werden. Entweder es sind da Sechzehntel oder es sind da Achteltriolen - aber nix zwischendrin. Keine wilden Sachen! Ich hatte manch unruhige Nacht wegen diesem Problem. Interessanterweise fordert die Interpretation eines Chopin-Klavierstückes ein gewisses "Rubato", was auch nichts anderes ist, als ein Puls mit "wilden" Sachen drumherum. Die linke Hand gibt den Puls und die Rechte gibt Gas und bremst da so rum. Heutzutage würde ich mir da gar keine so großen Gedanken mehr drum machen. Aber damals war ich jung und brauchte das Geld.
Und dann tauchte ein Drummer auf - was soll man dazu sagen?: Vinnie Colaiuta. Ich hörte ihn das erste Mal auf Frank Zappas `"Tinseltown Rebellion" und auf den "Joes`Garage"-Alben. Was ich durch Heinrich Hocks` "Jazzdrum-Rudiments" kennengelernt und zaghaft einzusetzen probiert hatte (oft zum Leidwesen meiner Mitmusiker), zog er in einer unglaulichen Art und Weise durch. Mir war sofort klar, daß das eine neue Dimension des Schlagzeugspiels ist. Sowohl von der rhythmischen als auch von der technischen Meisterschaft her. Er spielte alles kreuz und quer - Quintolen, Septolen, völlig abgedrehte polyrhythmische Geschichten und der Hammer war, daß er auch noch groovte dabei wie Schwein. Auch Chester Thompson und Terry Bozzio haben bei Zappa Quintolen etc. gespielt, aber nur in den entsprechend komponierten Passagen. Colaiuta dagegen hat das Zeug einfach so als Fill-Ins gespielt und ist mit Zappas` Gitarrensoli in andere rhythmische Sphären entschwunden. Wie der Rest der Band dabei noch den Takt halten konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Colaiuta ist heute der meistbeschäftigte Studio- und Tourneedrummer der Welt. Weil er einfach alles kann. Und das ziemlich, ziemlich gut.

Ein Bild lockert so einen Text doch mächtig auf.
Schön, gell?

Wir sind so gegen Ende der 80er Jahre. Ich habe brav meinen Zivildienst geleistet und hatte mit "Hart Aber Herzlich" eine gute Zeit. Wir spielten recht wilden Rock und Punk. Ohne Schnickschnack und Blödsinn, just for fun und den hatten wir. Irgendwie hab ich als Mittzwanziger den Rappel gekriegt und beschlossen, in eine Großstadt zu wollen. Die Wahl fiel auf Köln und das war gut so. Ich muß zwar gleich sagen, daß ich absolut kein Großstadtmensch bin, aber Köln war und ist mir absolut sympathisch. Und die Musikszene ist riesig. Ich erlebte eine Unmenge neuer Dinge. Eine sehr schöne Zusammenarbeit war die mit "Golden Starlight", einer Tanz- und Galaband. Ich mußte mir innerhalb von 10 Tagen ein Repertoir von über 100 Stücken draufschaffen. Gott sei Dank hatte Bernd Groll, der Chef, Noten für fast alle Songs. Meist Klavierauszüge, manchmal auch nur die Gesangstexte mit Akkorden, aber egal, wofür hat man denn studiert? Ich hörte mir die Aufnahmen an und notierte mir den jeweiligen Grundgroove und gegebenenfalls ein paar wichtige Breaks. Und wer kann schon berichten, den Kölner Karneval direkt und an vorderster Front, nämlich auf der Bühne erlebt zu haben?

Auch das sollte man als Berufsmusiker unbedingt einmal gemacht haben: in einer Tanzband spielen. Wenn die Kollegen auch noch nett sind-und das Glück hatte ich, kann man eine Menge Spaß dabei haben und auch viel lernen. Man wird mit einem von vielen Musikern unterschätzten oder gar vergessenen Aspekt der Musik konfrontiert: nämlich, daß sie auch zum Tanzen und zur Unterhaltung da sein kann. Von links nach rechts: Bernd Groll, Peter, Christoph, der mal in einer Spielpause die ärmel seines weißen Jackets im braunen Terramisou versenkte, ohne es zu bemerken, bis wir vor Lachen schier zusammenbrachen, Andre´, der immer die unglaublichsten Witze daherbrachte, Klaus, mit dem ich besonders arge Lachanfälle auszustehen hatte, und der Meinige. Das Bild ist etwas nachkoloriert, weil der Fototermin am Sonntagmorgen um 10 Uhr war. So eine Schnapsidee.

Eine andere interessante und sehr lustige Aktion war die "DADA-Revue", frei nach Kurt Schwitters, zu der ich knapp 2 Stunden Musik und Klangkollagen komponierte und aufnahm. Außerdem hatte ich während jeder Aufführung neben der Ton-und Lichtregie auch einen kurzen Auftritt, bei dem ich einen Witz nach Wahl erzählen mußte, weil die beiden Schauspieler Zeit zum Umziehen brauchten. Natürlich servierte ich die dämlichsten Witze, die ich auf Lager hatte und erntete oft nur entsetzte Blicke anstatt Gelächter. Ich glaube, die Leute waren sich nicht sicher, ob das auch noch Dadaismus oder ob ich einfach nur komplett bescheuert war. Auf jeden Fall war das Stück an sich genau mein Geschmack und ich hatte mehrfach Mühe, vor Lachen noch meinen Pflichten als Ton- und Lichttechniker nachzukommen. Oder einmal habe ich auf so einer "Performance" dazugetrommelt, wie so ein völlig durchgeschossener Kunstguru ein Klavier geteert und gefedert hat und es dann mit der Axt zertrümmert hat. So was Beklopptes! Bei seiner nächsten Performance wollte er 10 frischgeschlachtete Enten und ausgerechnet ich wurde auf`s Land zum Bauern geschickt, um die armen Viecher zu holen. Als mich der Bauer fragte, ob er sie jetzt abmurksen soll, verneinte ich und fuhr mit 10 höchst aufgeregten Enten im Auto (zum Glück nicht meins) nach Köln zurück. Die Karre war vollgeschissen. Ich sagte nichts und steckte die Tiere in einen kleinen, dunklen Holzverschlag hinter der Halle, sagte, der Guru möge sie doch selbst töten und machte mich vom Acker. Der Maestro tobte vor Zorn, hatte aber auch nicht den Mumm, die Enten abzumurksen. Es wurden dann 10 Enten aus der Tiefkühltruhe geholt. Was der Heini mit denen dann angestellt hat, weiß ich nicht und möchte es auch lieber gar nicht wissen - ich war jedenfalls plötzlich sehr unbeliebt, weil sich der dunkle Holzverschlag hinter der Halle als Lagerraum für die malerischen Ergüße einer der Veranstalterinnen herausstellte und der ihre Bilder waren jetzt zerhackt und beschissen. Zu meiner Freude habe ich später erfahren, daß die Enten wieder lebend zum Bauern zurückgebracht worden waren. So soll`s ja auch sein!

Fortsetzung folgt